Neues Leben erwacht

Liebe Freunde,
der Winter hat sich jetzt auch bei uns endgültig verabschiedet. Ab Anfang Jänner hatten wir reichlich und durchgehend Schnee bis Anfang März. Gerade noch rechtzeitig vor dem Einzug der weißen Pracht haben wir an den letzten Tagen des alten Jahres den ersten Teil unserer Zwetschken gebrannt. Einen über hundert Jahre alten Schnapskessel haben wir ja mit dem Bauernsacherl mitgekauft und außerdem das Recht, jährlich 15 Liter reinen Alkohol aus eigenem Obst steuerfrei herzustellen. Das ganze findet als so genannte "Abfindungsbrennerei" statt, bei der je nach Größe des Brenngeräts und der Art des verwendeten Obstes aus Tabellen sowohl die Alkoholausbeute als auch die Brennzeit abgelesen werden können. Diese sind dann dem Zollamt zu melden, zusammen mit dem Datum und der Angabe der Stunden, in denen gebrannt werden soll - damit der Kontrolleur weiß, wann er gegebenenfalls zu Besuch kommen muss. Die Anmeldung via Internet habe ich leider nicht hingekriegt und bin deshalb nach Wels gefahren. Dort hat eine Dame des Zollamtes zunächst siegessicher ebenfalls die Eingabe online versucht - um dann zu resignieren und das altehrwürdige Papierformular aus dem Schreibtisch zu ziehen. "Seit bei uns alles vernetzt ist, geht's wirklich viel, viel einfacher!", so ihr lapidarer Kommentar. Stempel auf das Formular und mit der Versicherung, sie werde das alles "mit Wien" klären und ich könne sorgenfrei brennen, wurde ich wieder entlassen. Amtsbesuche können auch sehr erfreulich sein! Außerordentlich erfreulich war dann auch das Brennen an den beiden folgenden Tagen: Wir hatten das Brenngerät aus dem Keller in unser Gewächshäusl geschleppt, weil wir den Alkohol- und Maischedampf nicht im ganzen Haus haben wollten. Ein bisserl eng war's schon und unser Vorbesitzer Sepp - der natürlich schauen musste, ob wir das auch richtig machen! - hat uns wieder einmal für verrückt erklärt. Aber er war hocherfreut, dass wir das alte Brenngerät in Ehren halten. Und wir waren hocherfreut, als dann aus dem dünnen Rohr des Kühlers tatsächlich hochprozentiger Brand zu rinnen begann. Zunächst entsteht ja aus der Obstmaische der Raubrand oder Lutter. Dieser wird dann - bei uns am nächsten Tag - ein weiteres Mal gebrannt und dann in die Fraktionen Vorlauf, Mittellauf und Nachlauf getrennt. Der Mittellauf ist dabei das begehrte Produkt, gut neun Liter mit etwa 70 Volumenprozent Alkohol lagern jetzt in unserem Vorratskeller. In ein paar Wochen wird der Brand dann noch durch Zugabe von Wasser auf die Trinkstärke von 38 bis 40 Volumenprozent Alkohol eingestellt. Anfang März haben wir einen zweiten Durchgang Zwetschken und auch Quitten gebrannt.

Winterfreuden und Winterarbeiten

Der Winter kam nach dieser Brennaktion zu Beginn des neuen Jahres mit weißer Wucht und der bis zu einem Meter dicke Schneeteppich blieb auch ohne Unterbrechung zwei Monate liegen. In einem der vielen windigen Schneegestöber bahnten sich am 5. Jänner einige Kindergruppen den Weg zu uns herauf, um mit ihren "Krupf, Krupf, Krupf!"-Rufen Süßigkeiten oder einen kleinen Geldbetrag zu erbetteln. Dafür wünschen sie mit netten Sprüchen ein gesundes und glückliches neues Jahr. Ich habe diesen Neukirchener Brauch im letzten Jahr schon ausführlich beschrieben; wer mag, möge zurückblättern in die Frühjahrsnachricht 2018. Auch am Abend hatten wir Besuch von Glöcklergruppen, die aber sehr umgänglich und außerordentlich lustig waren - unsere netten Nachbarn halt! Durch die großen Schneemengen gingen natürlich das Schlitten- und das Skifahren besonders gut. An drei Freitagen durfte Franzi mit ihrer Schuklasse im Skigebiet Hochlecken ihre ersten Erfahrungen sammeln. Und sie hat dabei eine ganz gute Figur gemacht. Gemeinsam mit Martha hat sie dann noch einen Wochenendskikurs absolviert und ist jetzt fest davon überzeugt, dass sie überall runter kommt. Eigentlich wollten wir gemeinsam mit unserem Nachbarn Martin in diesem Winter einige große Laubbäume entlang unseres Grenzbacherls fällen und aufarbeiten. Aber die dicke Schneedecke ließ den Einsatz unserer Traktoren nicht zu und so stehen die Bäume halt immer noch. Dafür haben zwei besonders heftige Winterstürme einige Fichten in unserem Wald niedergelegt oder die Wipfel abgerissen. Mit der Aufarbeitung dieser Schäden sind wir gerade heute fertig geworden. Dabei haben wir großes Glück gehabt, denn auf der Rückseite des Kollmansnberges sieht es streckenweise wirklich arg aus. Zu den Sturmschäden kam in höheren Lagen Ende Februar noch Schneedruck und entsprechend viel Schadholz liegt dort herum.
Etwas weniger Holz liegt inzwischen in unseren Lagerräumen, denn wir haben mit der Montage der Lärchenholzdecken im ersten Stock begonnen. Auch die Holzfassade am Westteil unseres Hauses ist fast fertig. In zwei Wochen kommen die neuen Kastenfenster und wir gehen mit einem deutlich verwandelten Haus in den frühen Sommer. In den Wintermonaten wurden auch die Kellertreppe, die Waschküche und der Vorratsraum gefliest. Und erst letzte Woche habe ich wieder einmal den schweren Boschhammer geschwungen und das Podest und die Treppe vor unserem Nordeingang abgebrochen. Wie bei diversen Betonbauten vorher, waren auch hier der Zement- und Eisengehalt außerordentlich hoch und der Widerstand des Bauwerks gegen seine Vernichtung enorm.

Leben entsteht - und muss vergehen

In unserem letzten Bericht habe ich Euch von den Liebesabenteuern unserer Ziegen berichtet. Diese waren durchaus erfolgreich und am 10. März brachte die Tauernschecke "Gerti" zwei hübsche Böckerl zur Welt. Nur einen Tag danach legte Strahlenziege "Nanni" mit einem Kitzerl nach. Die ersten Geburten auf unserem Hof waren natürlich ein besonders schönes und berührendes Erlebnis. Die beiden Ziegenmütter haben das bestens hingekriegt, Steffi musste nur bei Nanni ein wenig Beistand leisten. Die Kleinen hüpfen inzwischen frech im Stall herum, saufen fleißig Milch bei ihren Müttern und beginnen schon, durch Heuknabbern ihre Verdauung langsam umzustellen. Auch unsere Tauernschecke "Flecki" hat je ein weibliches und männliches Kitz bekommen. Die beiden hatten aber leider Entwicklungsstörungen, die sich trotz bester Pflege durch ihre Mutter und durch unsere Hilfe nicht besserten. So mussten wir die Entscheidung treffen, zur Verhinderung lang dauernden Leidens nach einer Woche die zwei kleinen Leben zu beenden. Gegen unsere Traurigkeit half es auch nicht besonders, dass wir rational vollständig von der Richtigkeit des Entschlusses überzeugt waren.
Neues Leben wurde nicht nur auf unserem Hof geboren, es kam auch in Form von elf weiteren Krainer Steinschafen zu uns. Eigentlich wollten wir ja von der Schaflerei Voglhütte bei Obertrum nur zehn Tiere holen. Beim Auspferchen unserer Schaferl hatte sich aber ein weiteres mit dazugesellt und wir haben es kurzentschlossen auch noch mitgenommen. Nach flotter Fahrt im Anhänger haben wir die Neuen in einen provisorischen Offenstall auf unseren Pachtwiesen gestellt. Dort gewöhnen sie sich gerade an den neuen Ausblick - Traunstein statt Untersberg - und an die neuen Futtergeber. Bald dürfen sie dann gemeinsam mit unseren fünf Bestandsschafen die Wiesen niederfressen. Damit das vernünftig klappt und wir außerdem noch ausreichend Flächen für die Gewinnung von Winterfutter haben, mussten einige Zäune weichen und werden neue errichtet. Das hört sich nach nicht besonders viel Arbeit an, wird uns aber in den kommenden Wochen noch einige Tage beschäftigen.

Aber dann freuen wir uns auf einen Sommer mit einer bunten Schafherde im Osten und einer frechen Ziegenherde auf unseren Gründen. Und wir freuen uns auf die Begegnungen mit den Menschen, die uns hier besuchen. Sei es auf einer kleinen Wanderung zur Hahnwirtsalm oder für ein Wochenende oder länger in unserem Haus. Wir arbeiten - neben allem Anderen - mit Hochdruck daran, dass unsere Ferienwohungen recht bald fertig werden. Euch wünschen wir einen Frühling, in dem viel Neues aufbricht und gedeiht!

 

EuerWolfgang Illinger.